Ein Leben danach ...

Ich möchte mich bei den vielen einfühlsamen eMails, Briefen und Karten bedanken, die Ihr uns geschickt habt. Einige habe auch in ihrem Archiv gestöbert und uns wundervolle Schnappschüsse als Erinnerung zukommen lassen. Was für eine tolle Überraschung, auf diesem Wege nochmal Bilder zu erhalten, die wir noch nie gesehen hatten. Danke, wir waren sehr gerührt.

Es wurden auch viele Fragen nach dem „Danach“ gestellt. Daher möchte dies ich hier kurz erläutern.

 

Masl-tows Sohn ist erstaunlich gut mit der Trauer umgegangen. Er hatte nur einen Tag „geweint“, dann stellte er sich seinem neuen Leben. Ich sah Samuel immer als unseren zweitbesten Esel an. Auf Masl-tow konnte ich mich in jeder noch so skurrilen Lebenslage zu 100% verlassen, während ihr Söhnchen hin und wieder den Zappelphillip heraushängen ließ. Doch nun übernahm er plötzlich ungefragt den Part seiner Mutter.

Da ich im März einen Vortrag über Zirkustricks halte, wollte ich im August (mit herrlich glänzendem Sommerfell) gezielt Fotos dafür machen. Doch Masl-tow, die durch ihre Fellzeichnung viel fotogener war, als ihr Schmuggelesel-Sohn und die nicht nur jeden Trick aus dem FF beherrschte, sondern auch stets geduldig wartete, bis ich das jeweilige Foto im Kasten hatte, fehlte mir nun an allen Ecken und Kanten. Also schaute ich, in wie weit unser Wirbelwindeselchen Samuel bereit wäre, die Tricks in Zeitlupentempo zu zeigen, damit ich sie Schritt für Schritt fotografisch festhalten konnten. Und siehe da, er machte das so hervorragend, als wüsste er ganz genau, dass er seine Mama nun ersetzen muss. Er hatte erkannt, dass alles mit ihm steht oder fällt und er jetzt derjenige ist, auf den es ankommt.

Samuel hatte sich z. B. noch nie zuvor mit allen Vieren auf das Podest gestellt. Ich hatte es ihm zwar auch nicht gezielt beigebracht, da er die Dinge am Podest zeigen sollte, die ihm Spaß machten, doch nun stellte er sich aus freien Stücken, wie einst seine Mutter, völlig gelassen darauf und wartete artig ab, bis ich alle Fotos von sämtlichen Seiten geknipst hatte. Ich war derart baff, dass bei mir natürlich wieder gleich Tränen flossen. Was für ein toller Junge, was für ein schönes Gespür für meine Wünsche mich glücklich machen zu wollen und was für ein charmanter Seelentröster er doch ist. Masl-tow lebt in ihm weiter, da gibt es gar kein Vertun.

 

Für unsere drei jüngeren Esel war Masl-tow immer ein großes Vorbild, doch nun schauen sie allesamt zum kleinen Samuel auf. Staunen, wie gelassen er durch Bäche watet, oder durch Röhren marschiert und eifern ihm nach.

Masl-tow, so einzigartig und wundervoll sie auch war, hatte für mich auch ein kleines Manko. Sie war eine Glucke, wie sie im Buche steht und mochte es nie besonders, wenn Samuel sich zu sehr mit anderen Eseln anfreundete. Pferde, Ponys, Mulis oder ganz artfremde Tiere waren ihr vollkommen schnuppe, aber bei Eseln wollte sie ihren Schatz lieber in ihrer Nähe wissen.

Jedoch nun wo sie nicht mehr ist, blüht Junior regelrecht auf und lässt ein wenig „die Sau raus“. Spielt mit den anderen Eseln, wie nie zuvor und genießt wohl seine neu gewonnene Freiheit.

 

Ja, so kann sich das Leben ändern und auch wenn der Verlust noch so dramatisch für meine Welt ist, dreht sie sich unaufhörlich weiter. Samuel hat es verstanden mit diesem Schicksal umzugehen und das Beste daraus zu machen. Ich würde mir gerne eine Scheibe davon abschneiden – und so schaue auch ich auf, zu unserem kleinen Zwergesel Samuel, wie er diese Hürde gemeistert hat.