Nachruf

Masl-tow wurde im Laufe ihres Lebens zusehends ein öffentlicher Esel.

Viele haben von ihr in Büchern oder Artikeln gelesen, viele haben sie in diversen Fernsehsendungen gesehen, viele haben ihre Auftritte auf Eseltreffen und Messen bestaunt, viele haben sie bei Trekkingtouren geführt, viele wurden von ihr therapiert und viele haben an ihr in den Eselseminaren geübt.

Daher haben wir ihr diese Seite eingerichtet, damit die Öffentlichkeit

Abschied nehmen kann und mein Mann und ich verarbeiten

damit gleichermaßen unsere Trauer.

Masl-tow ist jiddisch und bedeutet Glückwunsch.

 

Masl-tow zog im Alter von 4 Jahren bei uns ein und stellte damit unser komplettes Leben auf den Kopf. Aber auf keinem Fall im negativen Sinne.

Sie war unser erster Esel und hat uns gezeigt wie Esel denken, fühlen und letztendlich auch handeln. Wir haben so unendlich viel von ihr gelernt.

 

Von all unseren Tieren die wir haben und je hatten, besaß Masl-tow eine ganz besondere Gabe. Sie hatte ein wundervolles Gespür für andere Lebewesen, ganz gleich ob Mensch oder Tier und wusste stets damit umzugehen. Nicht, dass sie einen um den Finger hätte wickeln wollen. Nein, das lag ihr vollkommen fern. Ein einschmeichelnder Esel war sie nie. Der Kontakt zu ihr glich eher einer Sitzung bei einem Psychiater. Sie verstand es mit Ruhe und Geduld, dass man selber die Erkenntnis gewann, wo genau das Problem liegt. Sei es im Umgang mit ihr höchst persönlich, aber auch wenn Menschen mit sich selber nicht im Reinen waren. Sie schaffte es immer einen zum Nachdenken anzuregen und therapierte auf diesem Wege alles um sich herum. Das Therapieren schien ihr Lebensmotto zu sein:

"Therapiere auf Teufel komm raus und erfreue dich an dem Ergebnis."

 

Und keiner konnte sich dem entziehen. Selbst wenn wir bei Spaziergängen an kläffenden Hunden vorbeikamen, brachte sie diese zum Verstummen. Drängelte man sie derweil zum Weitergehen, so zögerte sie, da es ihr partout nicht gefiel, diesen aufgebrachten Wauwau nicht therapieren zu dürfen.

Masl-tow und artfremde Tiere war immer ein Kapitel für sich. Sie fand alle Tiere einfach nur klasse und konnte sich mit allen anfreunden. Selbst wenn diese anfangs aggressiv auf sie reagierten. Sie legte auch bei diesen Tieren eine erstaunliche Gelassenheit an den Tag, die sich auszahlte.


Sie war Lebensretter für viele, die sie auf diesem Wege kennen gelernt haben.

Die Geschichte, wie sie unseren Gänsen das Leben gerettet hat, kennen viele aus einem Artikel in der Esel-Post. Ich habe ihn aber auch auf dieser Seite nochmal eingestellt - hier klicken.

Und auch unsere Ziege Yentl verdankt ihr ihr Leben. Aber vor allem war sie mein ganz persönlicher Lebensretter. Sie riss mich seinerzeit aus einer tiefen Depression. Zeigte mir, wie schön das Leben sein kann und worauf es wirklich ankommt. Durch Masl-tow verstand ich den Sinn des Lebens.


Als ich einen schönen Tages mit dem Gedanken spielte, mit ihr in der tiergestützten Therapie zu arbeiten, überlegte ich, wie ich es anstelle und was ein Esel für diese Tätigkeit "mitbringen" muss. Doch im Grunde war sie schon der perfekte Therapie-Esel. Denn jeden Tag gab sie schließlich ihr Bestes bei mir. Um so schmerzlicher, dass sie nicht mehr da ist. Nun muss ich meinen Weg alleine finden, aber sie hat mich 15 Jahre begleitet und gut vorbereitet, so dass ich zuversichtlich bin, den Rest ohne sie meistern zu können.

 

DANKE MASL-TOW, DASS ICH EIN TEIL DEINES LEBENS SEIN DURFTE.

 

Judith Schmidt